five G

eine Dramaturgie des Zufalls

five G thematisiert das Fließen von musikalischen Informationen. Es gibt kein Zentrum, das musikalische Geschehen verteilt sich auf den ganzen Konzertsaal. Die Komposition setzt sich aus Modulen zusammen, die erstmals im Konzert zusammengeführt werden. Die Herausforderung von five G liegt darin, die richtige Mischung der Module vorauszuplanen, so als würde man das Ineinanderfließen von Farben durch Verzögerung bzw. Beschleunigung beeinflussen. Die für five G ausgewählten Musiker kommen aus dem Jazz, haben aber auch viel Erfahrung mit freier Improvisation und Neuer Musik. Die Musiker werden im Vorfeld einzelne Module in den entsprechenden Besetzungen proben, in der Generalprobe wird vor allem die Koordination der Bewegungen der Musiker im Raum vor Ort geprobt. Das Publikum im Konzertsaal wird um zahlreiche kleine Bühnen herumgruppiert werden.

Booking: peter.kleindienst@gmx.de


ein musikalisches Projekt
zu ZEIT und RAUM

Komposition
Musikalische Leitung
PETER KLEINDIENST

Projektziele

Wenn zukünftig das technische Problem der Latenz im virtuellen Raum digital gelöst sein wird, wird es unsere Beziehung zum realen Raum verändern. Mit five G möchte ich aufzeigen, was das Erleben von Raum bedeutet: eine Landschaft von Klängen, deren Vielfalt wir intuitiv erfassen, in Beziehung setzen und wieder auflösen.


Ein changierendes Gebilde mit ineinanderfließenden Grenzen, sich ausdehnend und zusammenziehend – das Erleben von Nähe und Distanz als musikalisch, räumliche Erfahrung. five G wird erst im Konzert als Ganzes zum Klingen kommen: ein gleichzeitiges Aufeinandertreffen von Musik aus verschieden Epochen, Stilen und Kulturen.


Mit five G möchte ich auf das Potenzial eines Nebeneinanderher verweisen, das sich mischt, trennt und gleichzeitig verschiedene Richtungen zulässt. Corona und die damit verbundene räumliche Trennung von Musikern untereinander als auch vom Publikum haben dieses Nebeneinanderher in unerwarteter Weise hervorgehoben. Bei five G wird man nicht in der "ersten Reihe" sitzen können, man ist mal mittendrin, mal außen vor.

Technick

Das IN EAR MONITOR WIRELESS SYSTEM besteht aus einem Sender und Empfängern. Die Empfänger tragen die Musiker am Körper und sie sind mit Kopfhörer verbunden. Über den Sender besteht die Möglichkeit den Musikern Backing Tracks zuzuspielen, die sie zeitgleich empfangen. Das vorhandene System ermöglicht das Senden von drei Backing Tracks (BTr1,2,3) an 12 Musiker. Dabei empfangen die Bläser BTr1, die Bassiten BTr2 und die beiden Schlagzeuger BTr3. Das System macht es möglich, das Problem der Latenz zu umgehen und gleichzeitig über große Distanzen zu spielen.

Besetzung

Altsaxophon 1
(+Barition)

MATHIAS STICH

Altsaxophon 2

DOROTHEA RUF

Tenorsaxophon 1
(+sopran, bcl)

MIKE SCHWEIZER

Tenorsaxophon 2 (bcl)

NICO HUTTER

Trompete 1

BASTIAN STEIN

Trompete 2

STEFAN NOMMENSEN

Posaune 1

ADRIAN MEARS

Posaune 2

ULI BINETSCH

Kontrabass 1

FLORIAN DÖLING

Kontrabass 2

SNEJANA PRODANOVA

Vibraphon/
Schlagzeug 1

MICHAEL KIEDAISCH

Schlagzeug 2

MICHAEL HEIDEPRIEM

Gitarre/
Komposition

PETER KLEINDIENST

Gesang

NEELE PFLEIDERER

Sound und Technik

DANIEL LONZANO SUAREZ

five G

five G thematisiert das Fließen von musikalischen Informationen. Es gibt kein Zentrum, das musikalische Geschehen verteilt sich auf den ganzen Konzertsaal. Ein Spiel mit der Zeit und der damit verbundenen Latenz.

Mit Hilfe von eigens entwickelten Notationen wird ein Granulat an Tönen so organisiert, dass sich trotz der relativen Undeterminiertheit des Geschehens eine Wahrscheinlichkeit von einem Aufeinandertreffen von erkennbaren musikalischen Strukturen (im weitesten Sinne) ergibt. Die Partitur beschreibt ein Netzwerk von Wechselwirkungen.

Die kompositorische Arbeit habe ich mit Erhalt eines Arbeitsstipendiums der GEMA im November 2021 begonnen. Dabei ging ich von folgender Prämisse aus:
five G wird erst am Konzertabend als Ganzes gespielt werden.So gilt es, eine Partitur zu erstellen, die an einzelne Musiker oder an unterschiedliche Gruppen des Ensembles Informationen verteilt, welche diese musikalisch umsetzen. Das können gleichzeitig sehr unterschiedliche Informationen sein. Dies führt zu einer weiteren Vorgabe: Um den beteiligten Musikern einen gewissen Handlungsspielraum zu überlassen, dürfen die Notationsanweisungen nur kurz sein und sollten sich leicht auswendig wiedergeben lassen. Die Gesamtheit der Informationen bleibt bis zum Konzertabend bei mir als musikalischem Leiter. Um Missverständnissen vorzubeugen: es wird auch kein Dirigat geben. Das zweite Konzert wird in vielen Teilen keine Wiederholung des ersten werden.

Die für five G ausgewählten Musiker kommen alle aus dem Jazz, haben aber auch viel Erfahrung mit freier Improvisation und Neuer Musik.

Beginnen wird five G mit fünf aufeinanderfolgenden Sätzen, die ich Blase 1 bis 5 nenne. In diesen Blasen thematisiere ich das Phänomen Zeit auf unterschiedliche Weise.

Stellen Sie sich vor:

Zwei Bassisten stehen sich in größerem Abstand gegenüber und kreieren eine Basslinie über eine ihnen sehr vertraute Form. Dabei übernimmt jeder Bassist die Hälfte eines Taktes. Zwei Schlagzeuger sitzen sich ebenfalls gegenüber und bilden so mit den Bassisten im Konzertsaal ein Kreuz. Sie teilen den Takt ebenfalls unter sich auf. Nach jedem Chorus moduliert die Basslinie ... auf der Empore kreieren die Bläser eine Klangkette, bei der jedes musikalische Ereignis maximal drei Sekunden dauert. Diese Klangkette wird von den Bläsern mit der Zeit modifiziert ... die Sängerin improvisiert über die Silben eines rückwärts gelesenen Textes ... ein langsames Musikstück aus dem Barock wird in achtfacher Verlängerung von den Bläsern auf der Empore gespielt ...gleichzeitig erklingt von einem Duo eine freie Improvisation im Konzertsaal ... jetzt ein langsamer Satz aus der Renaissance, so bearbeitet, dass er um ein Vielfaches schneller gespielt werden kann ... parallel dazu rhythmische Spielereien, bei denen sich der down- und offbeat unmerklich drehen ... ein Battle zwischen Blechbläsern und Saxofonen, wie man es aus den traditionellen Big Bands der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kennt ... ein nicht metrisches Pulsieren der Instrumente zum Solo zweier Schlagzeuger ...

Es wird auch zwei Songs geben, deren Texte sich zum einen aus Zitaten des Buches "Die Ordnung der Zeit" des Physikers Carlo Rovelli zusammensetzt, sowie zum andern aus der Übersetzung eines Jazz Standards auf Esperanto. Es wird ein afrikanisch angehauchtes rhythmisch komplexes Stück (Afrikonette) geben und gleichzeitig im Konzertsaal einen solistischen Klangbrei. Ein Trauermarsch dreier Bassklarinetten am Rande des Zerfalls von Harmonie und Tempo, kontrastiert von zahlreichen Tremoli auf Becken und Glocken. Im Anschluss folgt ein vierzehnstimmiges musikalisches Mobile, dass sich durch immer neue Überlagerungen einem gemeinsamen Schwerpunkt entzieht. Im Finale werden den Musikern zeitgleich über Kopfhörer zwei backing tracks eines Bebop Stücks und einer Ballade zugespielt werden. Das, was also am Ende am vertrautesten klingen wird, bezieht seine musikalischen Parameter aus dem virtuellen Raum über technische Medien.

Ausgehend von Plänen des Konzertsaals werde ich den Musikern aufzeigen, wann sie wo zu sein haben. Die Ortswechsel müssen gut koordiniert werden. Es wird im Vorfeld auch einen Film geben, der den Konzertsaal mit all seinen Möglichkeiten und Tücken zeigt. Einzelstimmen von five G bestehen eher aus Regieanweisungen als aus Notentext. Es braucht auch den Plan B für Unvorhergesehene Ereignisse. In five G wird es keine Saalbeschallung geben. Die Instrumente spielen so weit als möglich unverstärkt. Das Publikum im Konzertsaal wird um die zahlreichen kleinen Bühnen herum gruppiert werden*. Bei five G kann man nicht in der "ersten Reihe" sitzen, man ist mal mittendrin mal außenvor.

Die kompositorische Herausforderung von five G ist die richtige Mischung der Ereignisse vorauszuplanen, so als würde man das Ineinanderfließen von Farben durch Verzögerung bzw. Beschleunigung beeinflussen. Metaphorisch formuliert: wenn ich Orange erzeugen möchte, wie kann ich dafür sorgen, dass Rot und Gelb sich im richtigen Moment treffen?

„Wem es an präziser Voraussicht mangelt, der muss sich mit ungefährer Vorausschau begnügen.“ (1)

five G ist eine künstlerische Reaktion auf die Welt, wie sie sich für mich in unserer Zeit darstellt. Multipolar, auf dem Weg in eine digitale Vernetzung unterschiedlicher Lebensbereiche, die in ihren Auswirkungen noch nicht überschaubar ist. Mit five G möchte ich auf das Potenzial eines Nebeneinanderher verweisen, das sich mischt, trennt, gleichzeitig verschiedene Richtungen zulässt. Corona und die damit verbundene räumliche Trennung von Musikern untereinander als auch vom Publikum haben dieses Nebeneinanderher in unerwarteter Weise hervorgehoben.

Wenn das technische Problem der Latenz gelöst sein wird, wird es unsere Beziehung zum Raum verändern. Mit five G möchte ich aufzeigen, was Raum bedeutet: eine Landschaft von Klängen, deren Vielfalt wir intuitiv erfassen, in Beziehung setzen und wieder auflösen.
Ein changierendes Gebilde mit ineinanderfließenden Grenzen, sich ausdehnend und zusammenziehend.

PETER KLEINDIENST

* Nicht so auf der Empore, da hier die Sitzplätze fixiert sind
(1) Michel Serres

PAULUSSAAL

Freitag 11. November 2022, 20:00 Uhr

Samstag 12. November 2022, 20:00 Uhr

Dreisamstraße 3

79098 Freiburg

Kartenreservierung

Booking: peter.kleindienst@gmx.de

28 €
Schüler*innen (ab 14), Studierende 18 €

Presse

Förderung

Das Projekt five G wird gefördert im Impulsprogramm „Kultur nach Corona“ des Ministeriums für Wissenschaft,
Forschung und Kunst Baden-Württemberg.

Vielen dank an:

Kulturamt der Stadt Freiburg

Ministerium für Wissenschaft,
Forschung und Kunst, Stuttgart

Jazz-am-Schönberg e.V.

Galerie Linda Treiber

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